Ich frage mich schon länger, insbesondere aber seit den Wahlen in den USA, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft verändert. Das wohl meistbenutzte Wort war Establishment. Wo beginnen die Eliten und wo fangen Abgehängte an? Unsere Gesellschaft beginnt sich immer mehr zu spalten. Unser Modell Deutschland ist deshalb so erfolgreich, weil es eine Kombination eines starken Sozialstaates mit einer hocheffizienten Exportindustrie ist. Über Einzelheiten und Ausprägungen kann man diskutieren, nicht aber über das Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft. Wir können unsere Waren und Produkte nur in alle Welt verkaufen, weil die Märkte offen sind. Jetzt müssen wir aber feststellen, dass der Trend immer mehr zum Nationalen geht.
Menschen wehren sich gegen fremde Menschen, fremde Waren und internationale Regeln. Die Welt ist komplizierter geworden. Viele Menschen haben Angst, dass ihnen etwas weggenommen wird, suchen Halt und Sicherheit, sehen ihre Lebensweise und ihren Lebensstandard bedroht.
Das nutzen politische Brandstifter hemmungslos aus und schüren diese Ängste sogar noch. Sie bieten einfache Antworten an. Mit seiner Abkehr vom Freihandel ist Trump vielen Politikern und ihren Wählern jenseits der amerikanischen Grenzen sehr nah, auch in Deutschland. Mit ihrer mehrjährigen Dauerkampagne gegen den Freihandel haben Campact, attac, Linke und Grüne erreicht, dass Handelsabkommen immer schwieriger werden.
Meine Partei, die SPD, hat sich von vorneherein nicht generell dagegen oder dafür ausgesprochen. Sie hat verhandelt, verbessert und beraten. Wir brauchen nicht nur freien Handel, sondern vor allem fairen Handel. Dafür haben wir viele neue Mitglieder bekommen. Dieses Vorgehen hat den Menschen gefallen.
Der Brexit und die Flüchtlingsbewegung im letzten Jahr haben viel verändert. In Europa grassiert der Nationalismus und mit Großbritannien verliert die EU eines ihrer wichtigsten Mitglieder.
Jetzt ändert auch noch China die Spielregeln. Haben wir viele Jahre unsere Produkte wie Autos, Eisenbahnen und Maschinen nach China exportieren können, so hat das Blatt sich nun gewendet. China kauft jetzt unsere Weltmarktführer auf.
Schauen wir nach Russland. Es ist sehr zu begrüßen, wenn Trump und Putin sich gut verstehen und die Länder wieder enger zueinander finden. Ob das auch gut ist für Europa mit den östlichen Außengrenzen und den Handel zwischen Deutschland und Russland, das steht auf einem anderen Blatt.
Die Herausforderungen durch Trump, Putin, China, Europa und Antiglobalismus sind größer geworden. Gerade jetzt bräuchten wir ein starkes Europa. Es ist auch wieder einmal die Stunde der Sozialdemokratie. Wir werden gebraucht. Mein Motto: „Den Wandel gestalten“ (Willy Brandt)