Klartext

INFEKTIONSSCHUTZGESETZ UND INSZENIERTE EMPÖRUNG (12/2020)

Thema meines Klartextes sollte diesen Monat die Situation in den USA sein. Wenn ich aber sehe, was sich in der vergangenen Woche rund um die Verabschiedung des 3. Bevölkerungsschutzgesetzes abgespielt hat, muss ich nicht in andere Länder blicken, um die drohende Spaltung einer Gesellschaft zu beobachten.

Worum es in diesem Gesetz geht und warum es notwendig war, lest ihr ab Seite 4. Was mich empört, sind die Vergleiche zum Nazi-Regime. Da vergleichen Kinder auf Demonstrationen die Beschränkungen für ihre Geburtstagsfeier mit der Situation von Anne Frank, der Mund-Nasen-Schutz wird als neuer Judenstern bezeichnet und das Bevölkerungsschutzgesetz als Ermächtigungsgesetz. Solche Vergleiche sind gerade für uns Sozialdemokratinnen und -demokraten unerträglich. Sie sind ein Hohn für alle Opfer des Nationalsozialismus. Und sie relativieren und verharmlosen die damaligen Geschehnisse.

Mit dem Ermächtigungsgesetz begann die Nazi-Diktatur, die im Holocaust endete. Ganz anders ist es hier: Der Bundestag macht den Landesregierungen mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz strengere Vorgaben, als dies bislang der Fall war. Und er streicht den bislang geltenden und nach unserer Auffassung zu weiten § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG, der bislang dem Bundesgesundheitsminister weitreichende Befugnisse eingeräumt hatte. Die Befugnisse der Regierung werden also deutlich reduziert – ein Begrenzungsgesetz, das würde besser passen. Kritische Debatte ist wichtig – aber wenn Abgeordnete und ihre Mitarbeiter*innen an der Arbeit gehindert werden, hat das eine neue Dimension.

Das Demonstrationsrecht ist ganz wesentlich, aber bitte: Schaut mit wem Ihr demonstriert!