Klartext

Lieferkettengesetz

Seien es die Handys, mit denen wir uns privat austauschen und arbeiten, die Kleidung, die wir tragen, der Kaffee, den wir trinken – all das wird oft unter schlimmsten Menschenrechtsverletzungen hergestellt. Weltweit sind 152 Millionen Kinder in Kinderarbeit und 25 Millionen Menschen in Zwangsarbeit.

2011 haben die Vereinten Nationen (VN) Leitprinzipien für die Vereinbarkeit von Wirtschaft und Menschenrechten erstellt. 2015 hat die G7 unter deutscher Präsidentschaft das Thema erstmals auf die Agenda gesetzt. 2016 hat die Bundesregierung den nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte erstellt. 2017 verabschiedete Frankreich das Lieferkettengesetz. 2020 kündigte die EU-Kommission für dieses Jahr an, dass die EU Mitgliedsstaaten verbindliche Regelungen schaffen sollen.

Zehn Jahre sind seit dem VN-Beschluss vergangen - zehn weitere Jahre Kinder-und Zwangsarbeit.

Freiwillig funktioniert hier gar nichts: In Deutschland lag die freiwillige Beteiligung am nationalen Aktionsplan zwischen 13 und 17%. D.h., dass sich nicht mal jedes fünfte Unternehmen seiner Verantwortung bewusst ist.

Deshalb schaffen wir jetzt ein nationales Lieferkettengesetz, das auch eine steile Vorlage für ein europäisches Lieferkettengesetz ist. Menschenrechtsorganisationen bescheinigen uns, dass wir mit diesem Gesetz einen Meilenstein setzen.

Wäre es nach der SPD gegangen, hätte dieses Gesetz schon in der letzten Legislaturperiode und auch noch viel umfangreicher beschlossen werden können. Die Union, hauptsächlich ihre Wirtschaftsleute, fürchten dieses Gesetz allerdings wie der Teufel das Weihwasser. Übersetzt heißt das: Macht weiterhin Geschäfte auf Kosten von Menschenleben. Das will ich hier ganz deutlich sagen.

In einem ersten Schritt werden wir ab 2023 Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter und ein Jahr später alle Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter verpflichten, dass sie genau hinschauen und Verantwortung übernehmen. Die SPD wollte dies ab einer Unternehmensgröße von 500 Mitarbeitern einführen, bei der Union dachte man über eine Unternehmensgröße von 10.000 Beschäftigten nach. Wir werden die nächsten Wochen mit unserem Koalitionspartner noch sehr viel Arbeit haben, stundenlang Verhandlungen führen und um jeden einzelnen Punkt feilschen müssen, damit wir das Vorhaben noch vor der Sommerpause und vor den Bundestagswahlen umsetzen können.

Zukünftig werden Gewerkschaften und NGOs die Möglichkeit bekommen, Betroffene vor Gericht zu vertreten. Wir richten eine staatliche Kontrollbehörde ein, die Sorgfaltspflichtverletzungen nachgeht und Bußgelder verhängen kann. Zwangsgelder fließen in einen Fonds zur Stärkung menschenrechtlicher Sorgfalt in der globalen Wirtschaft.

Ich sage nicht, dass mit diesem Gesetz alle Probleme gelöst sind. Das wäre zwar schön, aber vermessen. Ich sage aber deutlich: Das Gesetz wird Zähne haben. Wir werden eine effektive Durchsetzung und starke Kontrollen gewährleisten. Die Verantwortung darf nicht am Werkstor oder an der deutschen Staatsgrenze enden.

Schade, dass wir darüber reden und verhandeln müssen. Es ist doch eigentlich selbstverständlich, dass man andere so behandelt, wie man selbst behandelt werden will.