Den Zusammenhalt bewahren
Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 15.11.2023 entschieden hat, dass Kredite, mit denen der Staat in einer Notsituation die Folgen einer Krise abmildert, bei Bedarf jedes Jahr neu belschlossen werden müssen, gilt es Ausgaben und Einnahmen besonders kritisch zu prüfen.
Im laufenden Jahr setzen wir die Vorgabe des Gerichts mit einem Nachtragshaushalt um, den die Bundesregierung in dieser Woche ins Parlament einbringt. Dabei soll für 2023 erneut die Ausnahme von der Schuldenbremse beschlossen werden. So sichern wir unter anderem die Hilfen ab, die wir zur Bewältigung der Energiekrise nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ergriffen haben - und die die Menschen und die Wirtschaft wirkungsvoll unterstützt haben -, ebenso wie die Hilfen für die Flutgebiete im Ahrtal.
Im nächsten Schritt gilt es, den Haushalt für das nächste Jahr zu überarbeiten. Dabei haben wir die großen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, im Blick: Es geht darum, Wirtschaft und Industrie zu modernisieren und zukunftsfähig zu machen, das Klima zu schützen und den Wohlstand und die Arbeitsplätze von morgen zu sichern. Und es geht darum, den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu bewahren und zu stärken. Es bleibt unsere Aufgabe, jetzt die richtigen Entscheidungen für ein wirtschaftlich starkes, klimaneutrales und soziales Land von morgen zu treffen.
Wir sind weiter in einer Krisensituation: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der Krieg in Nahost und die Klimakrise, die das Bundesverfassungsgericht selbst vor zwei Jahren mit einer Handlungsaufforderung an die Regierung und an das Parlament versehen hat, sind Herausforderungen, die bewältigt werden müssen.
Der Staat muss jetzt handlungsfähig sein, gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und Investitionen in die Zukunft finanzieren. Wir sind es den zukünftigen Generationen schuldig, heute massiv in Klimaschutz, den Umbau unserer Wirtschaft zu einem klima-neutralen Standort und den Ausbau erneuerbarer Energien für alle Lebensbereiche zu investieren.
Generationengerechtigkeit heißt für uns, dass wir unseren Kindern und Enkelkindern eine gesunde Umwelt, eine zukunftsfähige Infrastruktur, gute Bildung in sanierten Schulen und echte Chancengerechtigkeit für ein Leben in Sicherheit hinterlassen.
Es gibt jetzt mehrere Alternativen: Eine ist die Aussetzung der Schuldenbremse, weitere sind neue, sozial ausgewogene Einnahmen und die Überprüfung aller Ausgaben. Dafür braucht es mehr Verteilungsgerechtigkeit. Deswegen wollen wir, dass Reiche und Superreiche endlich einen angemessenen Beitrag für die nötigen Investitionen in unsere Zukunft leisten. Eine dritte Option wäre die Weiterentwicklung unserer Verfassung, um Investitionen in die Zukunft nicht als Schulden zu definieren.
Es ist vernünftig, Investitionen in die Zukunft auch über Schulden zu finanzieren: Wenn wir den Klimawandel jetzt nicht bekämpfen, wird unsere Gesellschaft bald von enormen Folgekosten betroffen sein. Wenn wir jetzt in Bildung investieren, wird das in Zukunft unsere Arbeitsplätze und den Zusammenhalt in der Gesellschaft sichern. Wenn wir jetzt in den Umbau unserer Wirtschaft investieren, wird das in Zukunft unseren Wohlstand sichern.
Die Schuldenbremse ist in ihrer gegenwärtigen Form ein Zukunftsrisiko. Sie bremst Investitionen in gute Infrastruktur, echte Digitalisierung und sichere Arbeitsplätze aus. Das schadet unserer Wirtschaft und dem Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Es wäre zu wünschen, dass auch CDU/CSU unter Beteiligung ihrer Ministerpräsidenten und Kommunalpolitiker sehen, dass diese Verfassungsreform dringend notwendig ist.