Ein Viertel der 20. Wahlperiode ist bereits vergangen. Ein Grund, auf das erste Jahr als Vorsitzender des Ausschusses Arbeit und Soziales zurückzublicken.
In 34 Sitzungen haben wir viele Themen besprochen und Gesetze beraten. Man kann sich das wie einen Eisberg vorstellen. Ein kleines Stück schaut über der Wasseroberfläche heraus und ist sichtbar. Das kann man mit den Debatten im Plenum des Deutschen Bundestages vergleichen. Das weitaus größere Stück des Eisberges ist unterhalb der Wasseroberfläche und wird erstmal nicht gesehen. Das ist die Arbeit in den Ausschüssen.
Ein so enormes Arbeitspensum kann nur geleistet werden, wenn sich die Mitglieder einer Fraktion aufeinander verlassen können. Es gibt für jedes Vorhaben eine Fachfrau oder einen Fachmann. Das nennt man hier Berichterstatter (BE). Sie sind die Fachleute, die jedes Komma und jeden Spiegelstrich einer Vorlage in und auswendig kennen müssen. Sie führen viele Dutzend Gespräche. Uns als SPD-Fraktion zeichnet aus, dass wir nicht futterneidisch auf andere sind. Wir können gönnen. In anderen Fraktionen bin ich nicht so tief drinnen, ich hoffe aber das Gleiche. Im Ausschuss selber kann ich bescheinigen, dass wir ordentlich und gut miteinander umgehen. Manchmal wird es lauter, aber es geht ja auch um viel und da ist es wichtig, dass alle Informationen und Meinungen ausgetauscht werden.
Als Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales habe ich neben meinem Abgeordnetenbüro mit meinen beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, die seit 2013 bei mir sind, neun weitere Mitarbeitende, die bei der Verwaltung des Deutschen Bundestages angestellt sind. Die Ausschusssitzungen müssen gut vorbereitet werden, weil die Abläufe entscheidend für ein rechtmäßiges Gesetzgebungsverfahren sind, und Protokolle, manchmal auch Wortprotokolle sind anzufertigen. Alle Angestellte im Ausschusssekretariat sind exzellente Fachleute mit oftmals jahrzehntelanger Erfahrung.
Im Ausschusssekretariat und in meinem Abgeordnetenbüro rufen zahlreiche Bürgerinnen und Bürger an und schildern uns ihre Sorgen und oder schreiben E-Mails. Das muss alles bearbeitet werden. Mein Bundestagsbüro und das Ausschusssekretariat liegen gleich nebeneinander. Dadurch sind die Wege extrem kurz und die Vernetzung sehr gut. Ich bin eigentlich täglich gegen 7 Uhr im Büro, wenn es spät wird ist es halb 8, und bin oft nicht der erste. Die Tage in den Sitzungswochen sind lang, oft arbeiten wir spät in den Abend.
Der Ausschuss Arbeit und Soziales verreist im Jahr bis zu dreimal. Das sind immer Delegationen, die aus 8 Mitgliedern gebildet werden. In diesem Jahr besuchte der Ausschuss Kanada (Themen: Einwanderungsgesetz, Migration/Integration in den Arbeitsmarkt, Auswirkungen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt/Mitbestimmung), Norwegen und Schweden (Behindertenpolitik, Rente) und Österreich (Bildungskarenz, Rente). Diese Reisen müssen gut vorbereitet werden und die Erkenntnisse in die Arbeit des Ausschusses einfließen. Auch der Ausschuss empfängt immer wieder hochrangige Gäste aus dem Ausland. Das sind dann stets zusätzliche Termine außerhalb der Ausschusssitzungen.
Neben den 50 Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Soziales nehmen an den Sitzungen deren wissenschaftlichen Mitarbeitenden sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer und des Ministeriums teil. Eine Ausschusssitzung ist damit über 150 Personen stark. Wir sind der größte Ausschuss des Deutschen Bundestages und tagen im Europasaal, dem größten Sitzungssaal des Deutschen Bundestages nach dem Plenarsaal. Für jeden Tagesordnungspunkt sind bestimmte Beratungszeiten und der Fraktionsstärke entsprechende Redezeiten festgelegt, die durch einen Timer kontrolliert werden. Wird überzogen, wird die Zeit in der nächsten Runde abgezogen. Gut strukturiert sein, enge Grenzen ziehen und es auch mal laufen lassen ist für die Sitzungsleitung wichtig. Es muss gerecht zugehen, keine Fraktion darf zu kurz kommen. Ich würde von mir behaupten, dass ich das ganz gut hinbekomme, aber es ist auch ganz schön anstrengend und nach 3 1/2 Stunden bin ich erstmal platt und brauche eine kurze Pause. Danach geht es weiter, mit den Aufgaben als Abgeordneter und Ausschussvorsitzender - dann beginnt das Zweite Drittel würde man im Eishockey sagen.
Ich bin dankbar, dass ich vor einem Jahr zum Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und Soziales gewählt wurde und freue mich auf die weitere Arbeit für die Menschen in unserem Land.