Eine besondere Sozialkundestunde an der Theodosius-Florentini-Schule

Bernd Rützel an der Theodosius-Florentini-Schule

17. März 2017

Bayernweite Aktion „Tür auf – Film ab" auch in Gemünden

Ich war zwar schon unzählige Male hier oben auf dem Schulgelände, doch eine Unterrichtsstunde habe ich hier noch nicht gehalten. Es ist also eine Premiere für mich gewesen, diese besondere Sozialkundestunde an der Theodosius-Florentini-Schule in Gemünden. Anlass war die bayernweite Aktion „Tür auf – Film ab" an Freien Schulen, die das Ziel verfolgt, den Austausch zwischen Abgeordneten und Schülerschaft und das Interesse an Politik zu fördern.

Ich sagte den SchülerInnen: Jeder kann und sollte Politik machen. Denn das bedeutet, sich für seine Anliegen und die seiner Mitmenschen einzusetzen. Und so erläuterte ich eingangs meinen Weg in die Politik, der nicht von vornherein auf einen Einzug in den Bundestag ausgerichtet war. Erste Berührungspunkte mit Politik ergaben sich als junger Gewerkschafter bei der Bundesbahn, und über dieses Engagement kam eins zum anderen.

Heute ist mein Tagesablauf voll durchgetacktet, berichtete ich auf die Frage nach meinem Arbeitsalltag. Als Mitglied des Deutschen Bundestages kommt man locker auf 70 bis 80 Stunden in der Woche – manchmal aber auch auf mehr.

Anschließend ging es an’s Eingemachte, denn die Schülerinnen und Schüler stellten zahlreiche Fragen zu aktuellen politischen Themen, wie beispielsweise zum weiteren Vorgehen in der „Türkei-Krise“.

Gerade bei solchen Konfrontationen orientiere ich mich gerne an den Schriften aus dem Neuen Testament und frage mich, wie Jesus gehandelt hätte. Die Antwort ist: mit Bedacht und Besonnenheit. Besonders wichtig ist es, niemals die Gespräche abreißen zu lassen. Genauso wichtig ist es aber auch, Klartext zu sprechen – so wie es Jesus über seine Gleichnisse eben auch getan hat.

Sozialkundestunde

Insbesondere als ich dann den Ball an die Schülerschaft zurückspielte, wurde recht schnell deutlich, dass die meisten gestellten Fragen keine einfachen Antworten zuließen – gleich ob es um ein mögliches Kopftuch-Verbot oder das Wahlrecht ab 16 Jahren ging. Umso eindeutiger fiel das Votum für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium und gegen das G8-System aus.

Eine anderslautende Entscheidung nach dem Gewissen und gegen die Fraktionslinie habe ich bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag bisher noch nicht treffen müssen, erklärte ich den SchülerInnen auf Nachfrage. Bei der bevorstehenden Frage nach einer Privatisierung der Autobahnen könnte es aber bald soweit sein. Ich bin ein strikter Gegner solcher Vorhaben. Wir dürfen die Fehler, wie sie bei der Teilprivatisierung von Bahn, Post und Stromnetzen begangen wurden nicht wiederholen, denn am Ende legen alle drauf.

Nach zwei Unterrichtsstunden Rede und Antwort erneuerte ich abschließend meinen Appell, sich in Jugendorganisationen zu engagieren und insbesondere zur Wahl zu gehen: Der bevorstehende Brexit ist wohl das negative Paradebeispiel für die fehlende Wahlbeteiligung junger Menschen: zwar stimmten 75 Prozent der 18- bis 24-Jährigen für den Verbleib Großbritanniens in der EU, doch nur 36 Prozent machten überhaupt ihr Kreuzchen. Sich nicht zu engagieren und nachher zu beschweren, ist jedenfalls keine Option.

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