Fachgespräch zur Suche nach Ausbildungsstelle und Berufsorientierung

29. Juni 2021

Kinder und Jugendliche leiden stark unter der Pandemie. Auch bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle und auf dem Weg hin zu einer gelingenden Ausbildungsreife zeigen sich verstärkt Probleme und Hemmnisse. Besonders die Übergänge von Schule zu Ausbildung und von Ausbildung in den Beruf sind schwierig. Es fehlen Praktika und Berufsorientierung. Darüber diskutierte ich in einem Fachgespräch mit Vertretern von IHK, HWK, Arbeitsagentur und Mittelschule.

Akuter Lehrermangel macht sich bemerkbar

Bewerber im Bereich Unterfranken hätten im Schnitt aktuell 1,6 offene Stellen zur Auswahl, konnte ich eingangs als Information aus einem Gespräch mit dem Präsidium der Industrie- und Handelskammer (IHK) Unterfranken bekannt geben. Wie sich die Situation vor Ort darstellt, zeigte Matthias König, Vertrauenslehrer und Ansprechpartner für Übergang Schule/Beruf der Mittelschule Gemünden, auf. So seien die Schüler des Mittlere-Reife-Zugs (M-Zweig) mit großer Mehrheit versorgt. Probleme sähe er im Regelbereich. Hier hätte nur knapp die Hälfte der Schüler eine Zusage für einen Ausbildungsplatz. Der akute Lehrermangel mache sich bemerkbar, ebenso wie die häufig fehlende Förderung durch das Elternhaus. Die vorhandene Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) fange hier einiges ab, aber längst nicht so viel wie nötig wäre, erläuterte König auf meine Nachfrage.

2021-06-28 Fachgespräch Ausbildung
Zum digitalen Fachgespräch über die aktuelle Ausbildungssituation hatte ich Experten von IHK, HWK, Arbeitsagentur und Mittelschule eingeladen.

Zahlreiche Unterstützungsangebote vorhanden

Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Unterfranken, und Andrea Sitzmann, Leiterin des Geschäftsbereichs Berufsbildung, bestätigten Königs Schilderungen, und betonten zugleich die Offenheit ihrer Handwerksbetriebe für Mittelschul-Absolventen. HWK-Bildungszentren und Berufseinstiegsbegleiter seien eine wichtige Ergänzung um Bildungslücken abzufedern und in Sachen Sozialverhalten Orientierung zu geben. Auch die Vertreter der Arbeitsagenturen aus Main-Spessart, Miltenberg, Würzburg und Aschaffenburg betonten den Wert von Unterstützungsangeboten: „Jugendberufsagenturen, Assistierte Ausbildung (AsA), ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) und lokale Konzepte bieten eine wichtige Brücke in die Ausbildung“, so Mathilde Schulze-Middig aus Aschaffenburg. Zugleich appellierte Sie an die Politik, Landesförderprogramme, wie die Berufseinstiegsbegleitung nicht nur als begrenzte Projektförderung aufzulegen, sondern langfristig zu verstetigen.

Berufsorientierung stärken

„Die Berufsorientierung muss jetzt schnell einen höheren Stellenwert bekommen und auch im Lehrplan entsprechend Freiraum hierfür geschaffen werden“, ergänzte Ralf Streller, Leiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Würzburg. Nun wieder verstärkt in die Schulen zu gehen und das Image von Ausbildungsberufen weiter aufzuwerten, seien aktuell die zwei wichtigsten Punkte. Zugleich sei die digitale Beratung gut angenommen worden und werde aktuell auch ausgebaut, so Ruben Schmitt von der Arbeitsagentur Miltenberg: „Viele Schüler fühlen sich im virtuellen Raum einfach wohler, was man auch am Beratungsgespräch merkt.“ Dr. Andreas Freundt und Dr. Lukas Kagerbauer von IHK Aschaffenburg und Würzburg bestätigten dies mit ihren Erfahrungen mit sehr gut angenommenen virtuellen Ausbildungsbörsen. Gleichwohl sei es das A und O den Wert von Ausbildung und die Karrierechancen in Ausbildungsberufen, authentisch und überzeugend darzustellen. Das Projekt der IHK-Ausbildungsscouts – Azubis, die ihre Berufe in Vorabgangsklassen vorstellen – sei eines der effektivsten Mittel hierbei.

Mein Fazit: Es gibt heute eine ganze Bandbreite an Unterstützungsangebote, die es in meiner Ausbildungszeit noch nicht gab. Zugleich gibt es auch noch eine ganze Menge zu tun. Wichtig für junge Menschen, die es schwerer haben als andere, sind vor allem Menschen und Netzwerke für die Berufsorientierung und in der Ausbildung - Menschen, die sie begleiten, unterstützen und manchmal auch anschubsen.

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