Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort

13. Februar 2020

Seit Monaten sind bin ich als zuständiger Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion in Verhandlungen, um die neue Entsenderichtlinie der EU in nationales Recht umzusetzen. Jetzt ging der Gesetzentwurf zur Novelle des Arbeitnehmerentsendegesetzes durchs Kabinett.

Europa hat Grenzen überwunden. Mobilität ist Alltag geworden, Arbeit in anderen Ländern der EU ist heute längst selbstverständlich. Betriebe übernehmen immer häufiger Aufträge in anderen EU-Staaten und entsenden dann ihre Beschäftigten dorthin. Dabei muss es fair, verlässlich und sozial gerecht zugehen. Das wurde 1996 EU-weit erstmals geregelt. Dabei wurden Mindestbedingungen festgelegt: Mindestlöhne, Mindesturlaub, Höchstarbeitszeiten sowie Mindestruhezeiten und andere Arbeitsschutzvorschriften.

Seither hat das Arbeiten über Grenzen hinweg und so auch die Anzahl der Entsendungen weiter stark zugenommen. Das hat die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Lage in der EU verändert – teilweise kam es zu unfairem Wettbewerb, Rechtsunsicherheiten und unlauteren Geschäftspraktiken. Mit der revidierten Entsenderichtlinie hat die EU eine neue Grundlage für faire Regeln geschaffen, die wir nun in nationales Recht umsetzen.

Galten bisher nur Mindestbedingungen, werden wir künftig Lohndumping noch besser den Riegel vorschieben können. Denn wir können nun Tarifverträgen viel weitreichender Geltung verschaffen: Mehrere Lohnstufen, zusätzliche Regelungen für Zulagen, Sonderzahlungen oder Sachleistungen – all das können wir für alle verbindlich machen. Diese Entlohnungsbedingungen werden künftig auch vom Zoll geprüft – dazu bekommt er eine deutlich spürbare Verstärkung. Für länger Entsandte gelten sogar alle Regelungen wie für einheimische Kolleginnen und Kollegen. Damit sorgen wir noch besser für starke Rechte für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und fairen Wettbewerb für die Unternehmen.

Der Umfang der Arbeitsbedingungen, die auch für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten müssen, wird mit der Umsetzung der Änderungsrichtlinie erweitert:

• Statt nur der Vorschriften über „Mindestentgelte“ sollen künftig die Vorschriften über alle Elemente der „Entlohnung“ gelten. Zur Entlohnung zählen neben Lohn und Überstundensätzen auch Zulagen (z.B. Schmutz- und Gefahrenzulagen) oder Sachleistungen des Arbeitgebers, auch kann die Vergütung stärker nach Tätigkeit, Qualifikation und Berufserfahrung differenzieren.

• Künftig gelten klar auch die Vorschriften über die Bedingungen für Unterkünfte, die vom Arbeitgeber direkt oder über einen anderen Vermieter gestellt werden.

• Es wird verhindert, dass Geld, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Erstattung ihre Aufwendungen erhalten, auf die Entlohnung angerechnet wird. Solche Aufwandserstattungen sollen zusätzliche Kosten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin für Reise, Unterkunft und Verpflegung ausgleichen. In der Praxis ist bisher häufig nicht eindeutig, ob und in welchem Umfang diese Entsendezulagen der Aufwandserstattung dienen.

Wenn die im Gesetz aufgelisteten Arbeitsbedingungen in deutschlandweit geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelt sind, gelten sie künftig auch für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer − und zwar in allen Branchen. Bislang galt dies nur für das Baugewerbe.

Die Behörden der Zollverwaltung kontrollieren künftig die in bundesweit geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen enthaltenen Entlohnungsbedingungen, auch wenn sie über Mindestentgeltsätze hinausgehen. Das gilt also z.B. auch für die im Baugewerbe geltenden Zuschläge, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zustehen, wenn sie unter erschwerten Bedingungen arbeiten (z.B. in großer Höhe, in engen Kanälen oder mit schweren Arbeitsgeräten). Für diese zusätzlichen Aufgaben wird der Zoll personell mit rund 1.000 zusätzlichen Stellen verstärkt. Um die Kontrolle der Entlohnungsbedingungen und tarifvertraglicher Zuschläge zu ermöglichen, werden Dokumentationspflichten entsprechend angepasst, deren Einhaltung dann auch von der Zollverwaltung geprüft wird.

Unabhängig davon, ob der Entleihbetrieb im In- oder Ausland ansässig ist, werden zudem alle grenzüberschreitend eingesetzten Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erfasst. Für alle Leiharbeitskräfte gelten die besseren Arbeitsbedingungen des Staates, in dem sie tatsächlich eingesetzt und tätig sind. Der Entleihbetrieb muss nun den Verleihbetrieb über den Einsatz in Deutschland informieren, damit muss dieser die deutschen Entsendebestimmungen beachten.

Außerdem sollen langzeitentsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer künftig mit wenigen Ausnahmen von allen in Deutschland vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen profitieren. Das gilt sowohl für gesetzlich als auch für in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelte Arbeitsbedingungen. Arbeitgeber mit Sitz im Ausland müssen dann wie Betriebe in Deutschland den anwendbaren allgemeinverbindlichen bundesweiten oder auch regionalen Tarifvertrag einhalten.

Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen dabei unterstützt werden, ihre Rechte geltend zu machen und durchzusetzen. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet das Projekt „Faire Mobilität“, das auch Beratung in den Sprachen der wichtigsten Herkunftsländer entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherstellt. An einer Verstetigung des Projekts wird derzeit gearbeitet.

Die revidierte EU-Entsende-Richtlinie muss zum 30. Juli 2020 umgesetzt sein. Mit der Änderung des Arbeitnehmer-Entsende-Gesetzes, die das Kabinett am 12. Februar auf den Weg gebracht hat, wird Deutschland dieses Ziel erreichen und den besseren Schutz der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und fairem Wettbewerb gewährleisten.

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