Großer Erfolg, kleinere Anpassungen - Eine erste Bilanz zur Einführung des Mindestlohns

01. Juli 2015

Ein halbes Jahr nach der Einführung des Mindestlohns zum 1. Juli 2015 lässt sich bilanzieren: Der Mindestlohn wirkt! Seine Einführung ist eine der größten arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Reformen in der Geschichte der Bundesrepublik.

Alleine in Bayern bringt der Mindestlohn 550.000 Menschen mehr Gehalt. Bundesweit nutzt die Einführung des Mindestlohns 3,7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt konnten bisher nicht festgestellt werden. Vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen den Lohnanstieg.

Der Mindestlohn kommt an und ist in der Praxis meistens unkompliziert. In zahlreichen Gesprächen mit betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber vor allem auch Betrieben, Unternehmen und Verbänden, bin ich auf die Kritiker zugegangen und habe versucht zu vermitteln. Dort wo es vernünftigerweise möglich ist, haben wir punktuelle Erleichterungen für die Praxis geschaffen. Diesen Weg werden wir nun dort weitergehen, wo er die Durchsetzung des Mindestlohns nicht gefährdet. Dazu vereinfachen wir die Aufzeichnungspflicht für länger im Betrieb Beschäftigte und Familienangehörige und klären Fragen und Unsicherheiten zur ehrenamtlichen Tätigkeit.

Wer derzeit alle Ausnahmeregelungen nach dem Arbeitszeitgesetz ausnützt, kommt bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro die Stunde auf ein Monatseinkommen von 2958 Euro. Deshalb muss ab dieser Summe die Arbeitszeit nicht mehr aufgezeichnet werden. Dabei handelt es sich allerdings um kurzzeitige Ausnahmen, die auf längere Dauer nicht mit dem Arbeitszeitgesetz vereinbar sind. Deshalb ist es logisch, dass bei Arbeitsverhältnissen, die länger bestehen, die Aufzeichnungsgrenze abgesenkt werden kann. Nach Erkenntnissen aus dem Dialog mit Zoll, Sozialpartnern und Beschäftigten ist das bei Arbeitsverhältnissen der Fall, die einen längeren Bestand haben und bei denen das regelmäßig gezahlte Arbeitsentgelt stets oberhalb der Mindestlohnschwelle liegt. In Zukunft entfällt dementsprechend die Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung, wenn das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt mehr als 2.000 Euro brutto beträgt und das sich hieraus ergebende Nettoentgelt jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich ausgezahlt worden ist.

Bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen (das sind ausschließlich Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers) sind die Aufzeichnungspflichten ebenfalls verzichtbar. So wird verhindert, dass Familien in Konfliktsituationen gebracht werden. Das war den Familienbetrieben, mit denen ich gesprochen habe, stets besonders wichtig.

Ehrenamtliche Tätigkeiten sind vom Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes nach wie vor explizit ausgenommen. Hier konnten wir schon viele Fragen klären und Unsicherheiten abbauen, so zum Beispiel im Dialog mit Sportverbänden und Sportvereinen zu Vertragsamateuren. Dennoch kann die Ausnahme des Ehrenamts im Mindestlohngesetz durch eine definitorische Klarstellung im BGB verbessert werden. Denn bislang haben wir keine gesetzliche Definition für das Ehrenamt, so dass vielfach Unsicherheiten bei ehrenamtlich Tätigen entstanden sind. Dies soll nun geändert werden.

In missbrauchsgefährdeten Beschäftigungsverhältnissen bleibt dagegen alles wie gehabt. Das Mindestlohngesetz selbst wird nicht geändert. Denn klar bleibt: Der gesetzliche Mindestlohn setzt eine Grenze, die nicht mehr unterschritten werden darf. Das schützt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu einem funktionierenden Wettbewerb. Dazu ist es auch weiterhin notwendig, dass Arbeitszeiten und Pausen dokumentiert werden. Durch die Absenkung der Dokumentationsgrenze auf 2000 Euro hat der Zoll mehr Kapazitäten, die wirklich Schwarzen Schafe zu finden. Die fairen Unternehmen müssen nun nicht mehr mit Betrieben konkurrieren, deren Geschäftsmodell vor allem auf Dumpinglöhnen basiert.

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