Ja zur EU-Armee, nein zu Ukraine-Einsatz - UnterfrankenSPD diskutierte über Auslandseinsätze

07. April 2015

Ein voller Saal, ein kompetenter Referent und eine engagierte Diskussion von Gästen zwischen 18 und 80 Jahren - als SPD-Bezirksvorsitzender durfte ich mich am 1. April über eine gelungene Veranstaltung zur Außenpolitik freuen. Die UnterfrankenSPD lud zum Thema „Die Rückkehr der Verteidigungspolitik - Deutschland und die Nato in neuen Krisenzeiten“ in den Max-Dauthendey-Saal im Falkenhaus Würzburg und bot mit dem Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Brunner einen versierten Fachmann auf, der mit klaren Worten die Verteidigungspolitik der Bundesrepublik und zahlreiche Krisen der Welt analysierte.

Brunner-VA

Als Wahlbeobachter der OSZE war Brunner bereits mehrfach in der Ukraine. Umso klarer seine Worte: „Die EU hat in der Ukraine lange versagt, die USA verstehen das Land bis heute nicht. So passieren die Fehler.” Einer sei die einseitige Fokussierung auf das Handelsabkommen mit der Ukraine gewesen.

„Die Verwerfungen innerhalb der Ukraine waren anfangs kein Thema, es ging nur um die Bindung an den Westen und seine Systeme. Das konnte nicht gut gehen.” Erst mit dem neuen Außenminister Frank-Walter Steinmeier sei eine neue Tonlage hinein gekommen in die Gespräche. „Es geht hier nicht um das Verhältnis Ukraine zu Russland, EU zum Osten. Es geht um die Ebenbürtigkeit und den Stolz von Russland und auch der Ukraine. Innerhalb der Ukraine gibt es keine staatliche Einheit, kein gemeinsames Ziel der Bürgerinnen und Bürger, das ist Fakt und das ist das Problem des Konflikts.”

Gut hier, böse dort - dieses Feindbild funktioniere nicht mehr, so der Verteidigungspolitiker Brunner. Ein militärischer Einsatz des Westens verbiete sich daher. „Wir müssen in die Köpfe der Menschen rein, sie ernst nehmen und mit ihnen auf Augenhöhe sprechen.” Diplomatie statt Drohgebärden, klare Ansagen statt immer neuer halbherziger Ankündigungen - die EU hätte von Anfang an die völkerrechtlichen Verletzungen Russlands benennen und verurteilen müssen, so Brunner. Aber dabei müsse man Russland ernst und auf seine Befindlichkeiten Rücksicht nehmen. „Das eine schließt das andere nicht aus.”

Bundeswehr und EU-Armee

Klare Worte auch zur Bundeswehr: „Wir haben die weltweit bestausgerüstete Armee für Bergung, Rettung, medizinische Versorgung”, so Brunner. „Auch unsere Truppen im Ausland sind besser ausgerüstet als das in den Medien den Anschein hat.” Aber zuhause für Übungen, da fehle das moderne Gerät. Nicht nur vor diesem Hintergrund plädiert Brunner für eine europäische Armee, in der jedes Land seine Stärken einbringen könne.

„Der erste Schritt ist eine engere Zusammenarbeit mit Frankreich und Polen”, so der SPD-Verteidigungspolitiker. Nur so könne man künftig schneller reagieren und auf die Befindlichkeiten der Nachbarn besser eingehen. „Unsere Nato-Partner im Osten wollen sich auf uns verlassen können, sie erwarten ein klares Signal, das wir ihnen beistehen.” Doch das könne nur eine multinationale Armee, die schneller vor Ort sei als die Truppen bisher.

Die anschließende, einstündige Diskussion vertiefte noch zahlreiche Themen wie den Einsatz bewaffneter Drohnen („Nicht mit uns!”), Afghanistan („Wir müssen ein Land, das einst blühte, wieder aufbauen!”), Wehrdienst („Die Abschaffung war ein Fehler”) und IS-Terror („Das kann man nicht militärisch gewinnen!”). Ehe Brunner sein Auto in Richtung Neu-Ulm lenkte, versprach er: „Ich komme wieder, so engagiert und fundiert diskutiere ich selten mit so vielen interessierten Gästen wie bei euch in Unterfranken!”

Karl-Heinz Brunner
"Die Welt schaut auf uns, wir können uns nicht einfach raushalten!"
Brunner, Al Ghusain, Rützel
... mit Muchtar Al Ghusain, dem Vorsitzenden der WürzburgSPD - und als Kulturreferent der Stadt hauptberuflich sogar der "Hausherr" in der Stadtbibliothek, zu der der Max-Dauthendey-Saal gehört.

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