Zum Informationsaustausch besuchte ich gemeinsam mit meinem Kollegen Jan Dieren aus Moers unlängst das Unternehmen Wenzel in Wiesthal. Zusammen mit Geschäftsführer Karl Nagel sowie dem Betriebsratsvorsitzenden Heiko Reinosch und Fertigungsleiter Bernd Steigerwald ließen wir uns in den Werkshallen die Arbeitsabläufe zeigen und sprachen über arbeitsmarktpolitische Themen und die aktuelle Situation im Betrieb.
Für mich ist die Firma Wenzel ein klassischer „Hidden Champion“, erklärte ich gleich zu Beginn, kenne ich das Unternehmen doch von früheren Besuchen. Denn einerseits steht der Name heute weltweit für höchste Präzision und Innovation in der Messtechnik und andererseits befindet sich die Firmenzentrale mit zwei Werken nahezu versteckt in einem kleinen Tal im Spessartwald. Ausgehend von einer Garagen-Tüftelei von Firmengründer Werner Wenzel im Jahr 1968 mit drei Beschäftigten hat sich das Unternehmen zu einem global agierenden und einem der bedeutendsten Anbieter für Koordinaten-Messmaschinen mit mehr als 600 Mitarbeiter - ca. 320 davon in Wiesthal - entwickelt. 400 bis 450 Maschinen werden jährlich zumeist nach individuellen Bedürfnissen gefertigt und dabei in sämtlichen Industriezweigen eingesetzt, unter anderem im Bereich Kraftfahrzeuge, Luftfahrt und Energiegewinnung. Auf ein Tausendstel Millimeter (0,001 mm) genau können die Maschinen messen und damit Produktionsüberwachung und Qualitätssicherung einwandfrei gewährleisten.
Fasziniert zeigte sich ebenso mein Kollege Jan Dieren angesichts der Technik und der Innovationsfreude, die auch im Arbeitnehmerbereich greift. Bereits vor eineinhalb Jahren führte Wenzel in der Produktion die Vier-Tage-Woche ein. „Damit sind Sie der öffentlichen Diskussion einige Schritte voraus“, so Dieren, „wenngleich sich das Konzept nicht so einfach in jeder Branche anwenden lässt.“ Umso wichtiger sei es ihm, dass solche Schritte über Tarifverträge geklärt und abgesichert seien. Diese gebe es bei Wenzel nicht, gleichwohl lege man großen Wert auf Arbeitnehmerzufriedenheit, so Geschäftsführer Nagel: „Das Gesamtpaket muss passen.“ Dazu gehöre praktizierte Gleitzeit, hohe Flexibilität für die Arbeitnehmer, flache Hierarchien, eine familiäre Arbeitsatmosphäre und die betriebliche Mitbestimmung über einen Betriebsrat. Langjährige Mitarbeitertreue sei ein Zeichen, dass das Paket stimme. Der Fachkräftebedarf sei seit einigen Jahren dennoch ein großes Thema, so Nagel auf Nachfrage. Aktuell seien 15 Auszubildende im Betrieb, der stetig um neue Mitarbeitende werbe.
Mit dem Weiterbildungsgesetz und dem reformierten Fachkräfteeinwanderungsgesetz seien Instrumente zur Hand, um dem Fachkräftemangel im Land zu begegnen, so die beiden SPD-Abgeordneten. Ich finde: Es ist auch besonders wichtig die Perspektiven im Job aufzuzeigen. Die Aufstiegsmöglichkeiten, die Lehrberufe bei mittelständischen Unternehmen und auch im Handwerk beherbergen, sind häufig nicht klar. Dazu braucht es positive Beispiele und Vorbilder. Übrigens bin ich selbst genau vor 40 Jahren mit der Lehre als Maschinenschlosser in’s Berufsleben gestartet.