„Zeit fehlt für die Menschen“

20. März 2014

Klartext in der bfz-Altenpflegeschule

Pflegenotstand, mehr Geld für Personal, besseres Image – diese Schlagworte prägten meinen Besuch bei den Berufsfachschulen für Altenpflege und Altenpflegehilfe Würzburg-Heidingsfeld der bfz gGmbH mit fast 100 Schülerinnen und Schülern in drei Klassen.

Zusammen mit der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis (Ulm), informierte ich mich bei der Schulleitung und ging dann in die Klassen, um mit den Schülerinnen und Schülern zu diskutieren. Ich habe dabei viel gelernt, insbesondere der offenen Austausch mit den Schulklassen hat mich gefreut. Das war Klartext pur ohne Schnörkel. Das ist bei so einem sensiblen Thema wichtig!

Die ersten Abgeordneten vor Ort

„Sie sind die ersten Abgeordneten, die uns hier besuchen, um einen Einblick von unserer Arbeit zu bekommen“, freute sich Schulleiter Utz Walther. Und er kam auch gleich zur Sache: Nachwuchssorgen in der Pflege, das schlechte Image der Pflegeberufe, die schwierigen Arbeitsbedingungen in vielen Einrichtungen, die unterschiedliche Bezahlung je nach Träger – alles wurde angesprochen.

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Vor dem Hintergrund von bundesweit ca. 40.000 fehlenden Pflegekräften appellierte Walther an die Politik: „Die Pflegesätze müssen erhöht, die Pflegeschlüssel reduziert werden. Nur so wird die Pflege qualitativ besser.“ Und das Geld müsse vor allem ins Personal fließen, um eine angemessene Bezahlung zu ermöglichen und um vor allem mehr Personal einstellen zu können. „Geld ist eine Menge da im System, es muss künftig nur anders verteilt werden“, ist sich Hilde Mattheis sicher und verspricht, dass sich die Große Koalition in 2014 insbesondere diesem Thema widmen werde.

„Wir als SPD wollen, dass der enorm wachsende Markt stärker reguliert wird als bisher, um insbesondere dem Preisdruck und dem damit verbundenen Preiskampf der privaten Träger zu begegnen. Denn das geschieht auf dem Rücken der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte.“

Ausbildung: generalistisch oder nicht?

Uneins waren sich Mattheis und Walther bei der Beurteilung der generalistischen Ausbildung: „Diese macht die Pflegekräfte flexibler für den Arbeitsmarkt und sorgt dafür, dass sie nicht in einer Einbahnstraße landen“, ist sich Mattheis sicher. Walther hingegen befürchtet eine Abwanderung der Altenpflegekräfte in die vermeintlich attraktivere Kinder- oder Krankenpflege und eine sinkende Qualität in der Ausbildung. Er erhoffe sich eine theoretisch-praktische Auswertung der laufenden Schulversuche zur generalistischen Pflegeausbildung – und die entsprechenden Konsequenzen daraus. „Hier muss der Austausch von Politik und Praxis noch intensiver werden, um den richtigen Weg bei der Ausbildung zu finden“, bin ich mir mit Hilde Mattheis am Ende des Gesprächs sicher.

Klartext in den Klassen

Ungeschminkt und unverblümt ging es dann in den beiden Schulklassen weiter. Wir wollten von den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in den Arbeitsalltag – und bekamen Klartext. Besonders hat mich der Enthusiasmus begeistert, den die Schülerinnen und Schüler trotz aller Schwierigkeiten an den Tag legen. Hier sieht man, dass Beruf und Berufung ganz eng zusammengehen.

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Fehlende Mentoren vor Ort, zu viel Verantwortung gleich zu Beginn der Ausbildung, viele Wochenenddienste neben der schulischen Ausbildung, zu wenig Geld und damit verbunden oft Zweitjobs, um die Familie ernähren zu können – die Auszubildenden schilderten ihren Alltag und nahmen dabei kein Blatt vor den Mund.

Ihre Forderungen an die Politik deckten sich mit denen des Schulleiters. „Wir brauchen mehr Geld für mehr Personal. Nur so haben wir auch mehr Zeit für die Menschen, die wir pflegen sollen. Denn Pflege ist mehr als Essen, Trinken, Körperpflege. Zur Pflege gehören auch Zuhören, ein gutes Gespräch und das Eingehen auf die Menschen und ihre Bedürfnisse. Und dafür haben wir im Moment gar keine Zeit.“

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