Klartext

Ich will heute in meinem Klartext zwei Themen aufgreifen. Beide haben mit Gerechtigkeit zu tun. Es geht um die Rente, und es geht um den Mindestlohn.

Wer 45 Jahre gearbeitet hat, der soll mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen können. Das gilt in Deutschland seit 2007. 2013 haben wir die sogenannte „Rente mit 63“ beschlossen: Wer 63 Jahre alt war und 45 Arbeitsjahre auf dem Buckel hatte, konnte abschlagsfrei in Rente gehen. 250.000 Menschen haben das jährlich in Anspruch genommen. Warum? Weil’s genug war. Weil’s gereicht hat. Weil sie kaputt waren. Weil sie 45 Jahre im Schichtdienst, auf dem Bau, am Krankenbett, im Einzelhandel oder wo auch immer ihre Frau oder ihren Mann gestanden haben. Diese Rentenart wächst an auf 65. Das heißt: Die Rente mit 63 gibt es gar nicht mehr. Derzeit sind es 64 Jahre und vier Monate. Daran wird nicht gerüttelt, das ist gerecht, das ist verdient, es hat mit Respekt zu tun. Es ist eine Frechheit von CDU/CSU und von FDP jetzt zu diskutieren, ob die Leute nicht noch länger arbeiten sollten. Diese Menschen haben lange genug gearbeitet. Die SPD steht an ihrer Seite.

Das zweite Thema zur Gerechtigkeit ist, wie viel Lohn ein Mensch verdient. Das ist alles relativ. Die einen sind mit wenig zufrieden, und andere mit viel eben nicht. Aber es gibt eine unterste Grenze. Es gibt eine Grenze, unterhalb der Löhne sittenwidrig sind. Wir mussten diese Grenze einführen. Sie nennt sich Mindestlohn. Der Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte. Er ist 2015 mit 8,50 € gestartet und nur langsam gestiegen. Es war ein Versprechen von Olaf Scholz, den Mindestlohn innerhalb des ersten Jahres seiner Regierung auf zwölf Euro zu erhöhen. Das haben wir getan: Versprochen, gehalten und geliefert. Jetzt sehen wir, dass es wieder zu langsam voran geht. Die Mindestlohnkommission hat beim letzten Mal nicht auf Augenhöhe entschieden. Die Vorsitzende der Mindestlohnkommission hat sich auf die Seite der Arbeitgeber geschlagen. Das ist keine Tarifautonomie. Tarifautonomie ist, wenn man sich einigt, wenn man zu einem Kompromiss kommt. Natürlich geht jetzt die Diskussion los, ob wir einen höheren Mindestlohn brauchen. Ich sage: Ja, natürlich brauchen wir den. Wenn wir im europäischen Mittelfeld mithalten wollen, dann muss er jetzt schon über 14 € betragen. Also hat Olaf Scholz absolut recht: 14 oder 15 € Mindestlohn müssen das Ziel sein. Ich hoffe, dass das die Mindestlohnkommission hinbekommt. Ich hoffe das sehr für die 6 Millionen Menschen, die für wenig Geld arbeiten, und ich hoffe es für die Mindestlohnkommission selbst. Wenn sie das nicht hinbekommt, wird die Politik wieder eingreifen. Ist doch klar. Wir stehen an der Seite der Menschen, die hart arbeiten, die unser Leben am Laufen halten und mit wenig Geld abgespeist werden. Mein Apell: Macht gute Tarifverträge, dann brauchen wir keinen Mindestlohn.