Weltoffenheit zeigen - Wohlstand sichern
Deutschland steht am Beginn einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die Notwendigkeit und Chancen einer modernen Einwanderungspolitik. Eine positive gesellschaftliche Grundhaltung zu Einwanderung entsteht nicht von heute auf morgen. Mit einem Einwanderungsgesetz, das klare, nachvollziehbare und am Bedarf orientierte Kriterien enthält, werden wir die Menschen davon überzeugen: Einwanderung kann ein Gewinn für alle sein.
Wohlstand und Lebensqualität in Deutschland beruhen auf der Leistung der Menschen und einer starken Wirtschaft. Aber die Gesellschaft altert und schrumpft. In den nächsten Jahrzehnten werden dramatisch weniger Menschen in Deutschland leben und zum Wohlstand beitragen können. Tatsache ist: Aufgrund der demografischen Entwicklung verlieren die Republik in den kommenden zehn Jahren bis zu 6,7 Millionen Erwerbsfähige. Das ist aktuell die größte Herausforderung für unsere Volkswirtschaft. Wir in der SPD-Bundestagsfraktion geben darauf eine Antwort.
Unser vorrangiges Ziel ist es, die in Deutschland lebenden Arbeitskräfte besser zu mobilisieren und zu qualifizieren. Aber es müssen zugleich bessere Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland geschaffen werden. Entscheidend ist: Hier gibt es kein „entweder-oder“. Beides ist notwendig.
Hier die Vorschläge der SPD-Bundestagsfraktion in der Übersicht:
Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für ein neues Einwanderungsgesetz in Deutschland ein. Eines, das mit mehr Transparenz Vertrauen schafft und Sorgen entkräftet - und zugleich Weltoffenheit signalisiert.
Die Sozialdemokratinnen und -demokraten werden sich weiter dafür engagieren, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, damit mehr Frauen von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung wechseln können.
Gleichzeitig müssen alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen werden, um die 1,5 Millionen jungen Menschen in Deutschland zwischen 25 und 35 Jahren, die bisher keine Berufsausbildung haben, in eine Ausbildung zu bringen.
Deutschland profitiert derzeit von einer hohen Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus der EU. Wenn sich die Beschäftigungslage im Süden Europas verbessert, wird der Zuzug aus diesen Ländern abnehmen. Es kommt daher auch auf qualifizierte Einwanderer aus Drittstaaten an.
Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt deshalb vor, die verschiedenen Einwanderungsvorschriften in einem Einwanderungsgesetz zu bündeln und mit diesem Gesetz ein starkes Signal auszusenden, dass Deutschland um die Einwanderung gut ausgebildeter Menschen wirbt.
Zwar gibt es Regelungen wie die Blaue Karte EU, die die Einwanderung qualifizierter Arbeitnehmer aus dem Nicht-EU-Ausland unter gewissen Bedingungen ermöglichen. Allerdings haben davon seit 2012 insgesamt nur 24.000 Spezialisten Gebrauch gemacht. Das reicht bei weitem nicht aus und zeigt, dass die Zutrittshürden für Fachkräfte nach wie vor zu hoch sind. Die SPD-Fraktion schlägt darum vor, neben der Blauen Karte EU ein flexibles und nachfrageorientiertes Punktesystem zu entwickeln. Mit einem solchen System gewinnt beispielsweise Kanada jedes Jahr rund 250.000 qualifizierte Einwanderer.
Die Politik muss sorgfältig prüfen, welche Elemente des kanadischen oder anderer kriteriengeleiteten Einwanderungssysteme sich übernehmen lassen, um die Einwanderung aus Drittstaaten langfristig mit einem flexiblen und nachfrageorientierten Punktesystem bedarfsgerecht zu steuern.
Ein weiteres wichtiges Element des neuen Einwanderungsgesetzes muss die bessere und schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse sein. Derzeit arbeiten schätzungsweise 300.000-500.000 Einwanderer unterhalb ihrer Qualifikation; dieses Potenzial von Anerkennungsberechtigten muss ausgeschöpft werden.
Der Arbeitsmarkt muss auch für Flüchtlinge geöffnet werden. Damit hat die Große Koalition bereits begonnen: So wurde 2014 die Frist für den Zugang von Asylbewerbern und Geduldeten zum Arbeitsmarkt von zwölf bzw. neun auf drei Monate, der Entfall der Vorrangprüfung auf 15 Monate abgesenkt bzw. für Mangelberufe und bei inländischer Ausbildung ganz abgeschafft. Asylsuchende und Geduldete, die durch eigene Arbeit für ihren Lebensunterhalt sorgen können, sind besser vor Diskriminierungen geschützt und können sich besser integrieren. Die SPD-Fraktion wird deshalb prüfen, wie wir aus diesem Weg voranschreiten und zu weiteren Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt kommen können.
Wir werden nun mit dem Koalitionspartner Union das Gespräch zu suchen und Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zum Dialog über das Konzept einladen.
Foto: Treffen mit Asylbewerbern Mitte Januar in meinem Gemündener Bürgerbüro.